Die Bitte ohne Betteln
Bitten, ohne zu betteln: Das ist keine hohe Kunst, sondern eine einfache Methode. Die jedoch einige Übung erfordert.

Warum uns das Bitten so schwer fällt? Weil die angesprochene Person eine Bitte auch abschlagen kann – denn das ist Prinzip einer Bitte: Die Antwort „Nein!“ ist möglich. Die wiederum fühlt sich bei Bittenden aber gar nicht gut an. Zumal die Methode „Nein sagen und damit das gute Klima wahren“ oder „Absage ohne Gesichtsverlust“ keineswegs verbreitet ist. (Vier Schritte zum Nein – auch ein tolles Instrument! Gibt es in meinen Workshops, fragen Sie mich mal danach!)
Vier Schritte zur Bitte
Es handelt sich hier um ein Phasen-Modell, die Reihenfolge ist wichtig.
1. Beschreiben Sie die Situation in Fakten. In neutraler Sprache. Ohne Vorwurf. Am besten mit physikalischen Größen. (Nicht „hier ist es ziemlich warm!“ sondern, viel besser: „Wir haben hier 27° Celsius.“)
2. Benennen Sie Ihr Gefühl, beschreiben Sie Ihr Befinden. Ohne Täter-Opfer-Konstruktionen: Sagen Sie nicht „ich fühle mich schlecht behandelt“ sondern sagen Sie „mir geht es schlecht“. Oder auch „ich bin froh!“ Rosenberg listet über zwei Seiten etliche Vokabeln auf, die ein Gefühl ausdrücken – wir kennen alle diese Worte, nutzen sie aber selten.
3. Artikulieren Sie das Bedürfnis, das hinter dem Gefühl steht. Sagen Sie, was Sie wünschen, anstreben, was Ihnen wichtig ist. In offiziellen Umgebungen darf auch das Wort „Ziel“ verwendet werden.
4. Und dann äußern Sie Ihre Bitte. Die erstens auf Verhalten abzielt (sonst merken Sie ja nicht, ob die Bitte erfüllt wird) und zweitens die Entscheidung offen lässt. Wirklich offen lässt!
Das Original
Die Methode findet sich in einem Buch von Marshall Rosenberg, den ich live erleben durfte, toll! Es heißt „Gewaltfreie Kommunikation“.
Eine Bitte wirkt auch aus vermeintlich unterlegener Position
Das Instrument ist klasse. Es erhöht die Chance darauf, dass eine Bitte erfüllt wird. Es ist geeignet auch über Hierarchie-Ebenen hinweg, von unten nach oben genau so gut wie umgekehrt. Und natürlich auch auf Augenhöhe.
Überall dort, wo ich weder anweisen, befehlen, erzwingen oder kaufen kann. Oder will. Überall dort kann ich in Erwägung ziehen, eine Bitte zu äußern. Wer das souverän macht, zeigt Größe.