Gesundheitszirkel reduzieren Belastungen

Es gibt gute Beispiele nachhaltiger Gesundheitszirkel. Von einem speziellen schreibe ich hier. Es wurde erst mit der Zeit zu einem Erfolgsmodell, denn erst nach und nach gelang es, die typischen Klippen zu umschiffen.

Der gute Fall

Ein Topmanager kommt zur vereinbarten Info-Stunde und sagt den gespannt-skeptisch dreinschauenden Menschen, die um den Tisch herum im Gesundheitszirkel sitzen: „Sie haben meine Unterstützung.“ Der Moderator zaudert nicht und zitiert wörtlich auf einer Pinn-Karte. Da sagt der Chef: „Ich kann Ihnen das auch unterschreiben.“ So tat er, gleich mit Edding auf die Karte und damit direkt ins Fotoprotokoll.

Er stellte viele interessierte Fragen. Beantwortete umfassend, ruhig, unaufgeregt. Und hielt sein Wort.

Viele Hindernisse, hohe Anforderungen

Wer Gesundheitszirkel initiiert und moderiert, stelle sich auf eine Entwicklung ein, die auch hoch emotionale Momente umfasst. Am Anfang steht zwar bei allen Teilnehmenden die feste Absicht, etwas verändern und bewirken zu wollen. Aber doch auch die Skepsis.

Fehlende Zuversicht

„Es ändert sich ja doch nichts. Geredet wurde schon so viel, Massen von Pinnwänden und Flipcharts beschriftet…“ Dies ändert sich erst, wenn erste Quick Wins umgesetzt wurden.

Bezweifelte Diskretion

„Ist das hier wirklich vertraulich? Nicht, dass ich hier offen etwas sage, was mir dann woanders größte Scherereien einbringt.“ Regeln, Absprachen treffen ganz am Anfang – und dann auch als Moderator peinlichst und kleinlichst darauf achten, dass sie eingehalten werden.

Test- und Luftballons

Diese werden auch mal mit Heißluft betrieben: Zu Beginn wird zwar hoher Leidensdruck geäußert, aber die wirklich heiklen Themen kommen erst nach und nach ans Licht. Sensible, feinfühlige Steuerung der Treffen ist angesagt. Also immer wieder nachfragen und justieren: „Was steht an? Was machen wir?“

Politisch korrekt bis zur Unkenntlichkeit

Was noch hilft: Mut, die Dinge beim Namen zu nennen. Personen auch – niemand darf das Fotoprotokoll unautorisiert weiterleiten oder solche Details weitererzählen.

Was sage ich meinen Leuten?

Gesundheitszirkel mit dem Team redenDie Gesundheitszirkler sind die Abgesandten ihrer Teams. Deshalb müssen sie mit guter Fragetechnik und mit konkreten Formulierungen, abgestimmt im Gesundheitszirkel, ausgestattet sein oder werden.

Lippenbekenntnisse

„Die Chefs ziehen nicht mit. Die nehmen das nicht ernst, was wir hier tun.“ Helfen kann hier: Grundlagen des Verhandelns vermitteln.

Jemand will Zaungast sein

Läuft nicht. Verstößt gegen die Regeln.

Doch ein solches Ansinnen ist als Zwischenerfolg zu werten: super, wenn weit oben in der Hierarchie neue Neugier entsteht. Auf die Frage „Was macht Ihr da eigentlich? Kann ich mal dazukommen?“ passt die Antwort: „Lassen Sie uns einen Termin vereinbaren. Dann machen wir eine Info-Stunde.“ Und dieser Termin wird bestens vorbereitet.

Herr Moderator, sagen SIE das unserem Chef!

In der Info-Stunde wird der Moderator auch mal zum Vermittler und die Gesundheitszirkler schauen gebannt zu. Selbstverständlich sind alle Inhalte und sogar die Formulierungen vorher vereinbart.

„Ich bin ja hier nur ein kleines Licht.“

Fehlende Wertschätzung in Kombination mit Selbstzweifeln – weit verbreitet. Ist vielleicht ein guter Anlass, erstens Mindmaps aus persönlichen Stärken zu erstellen. Und zweitens zu ermuntern, Feedback einzuholen. Kurz, konkret, konstruktiv = nicht Kritik, sondern Vorschläge beinhaltend.Gesundheitszirkel Feedback

„Herr Refisch, sie ermuntern uns ja, auch mal unbequem zu sein.“

Stimmt. Aber nicht um der Unbequemlichkeit willen, sondern weil Nichtstun zu weit unbequemeren Folgen führt.

„So lange es doch irgendwie läuft, wird niemand da oben Geld in die Hand nehmen.“

Schon wieder sind wir beim Thema „Verhandlungen vorbereiten.“ Geld gibt nur aus, wer dafür etwas bekommt oder damit etwas vermeiden kann.

„Mein Chef ist ein …“

Angst vor persönlichen Konsequenzen wirkt wie Gift. Führungskräfte, denen Charakterschwäche vorgeworfen werden kann oder die ihren eigenen Umgang mit Emotionen nicht im Griff haben, sitzen auf dem falschen Stuhl. Vorausgesetzt, wir haben es jetzt nicht mit der beliebten Chef-Schelte zu tun, dann vermute ich, dass diese Bosse auf die lange Sicht die besten Leute verlieren. Manche ganz schnell.

Zuvor bitte klären: Wer unterstützt uns wirksam? So kurz ist unser Hebel gar nicht! Wenn es jedoch in der gesamten Riege der Entscheidungsträger keine Unterstützung gibt und auch keine auszuhandeln sein wird, dann gelten andere Empfehlungen und: Finger weg vom tollen Instrument Gesundheitszirkel!

Hilfreich, nützlich, sinnvoll im Gesundheitszirkel

Nicht die Chefs sitzen dort beisammen, sondern die ganz normalen MitarbeiterInnen. Als Botschafter ihrer Teams, als Abgesandte, als Sprachrohr und als Ohr.

Quick Wins

Ganz wichtig für das Zutrauen in eigene Möglichkeiten und in die Chance, dass etwas besser wird, sind früh durchgeführte Änderungen. Sinnvoll und sichtbar müssen sie sein, diese frühen kleinen Erfolge. Groß müssen sie nicht sein. Der Nobelpreis kommt später.

GG, AA, WW

Gesundheitszirkel unterwegs immer wieder evaluierenDas ist eine andere Form guten Feedbacks. Prima als Startfrage für jeden Folgetermin:

GG: Was ist bislang gut gelaufen?
AA: Was sollten wir anders anfassen?
WW: Wie machen wir weiter?

Was, wenn…?

Selbstsicherer wird, wer viele Eventualitäten bedenkt und gute Reaktionen überlegt. Das gilt nicht nur für die Info-Stunden.

„Was kann ich denn tun, wenn Chef dazu Nein sagt? Dann bin ich doch am Ende.“ – „Nein. Dann fängt Verhandeln überhaupt erst an.“ – „Aber wenn er doch einfach nur Nein sagt?!“ – „Dann kann ich antworten: ‚Ich habe es gehört. Ich werde wiederkommen.“

Verhandlungs-Judo für den Notfall

Eine Technik aus der Toolbox. Geeignet, wenn jemand nicht an konstruktiven Lösungen interessiert ist und wiederholt sagt: „ICH habe keine Problem!“

Gesundheitszirkel sind gut für die Gesundheit. Und für den Zusammenhalt.

Durchaus erwünschter Nebeneffekt: Ein gut moderierter Gesundheitszirkel bewirkt eine Verbesserung in der täglichen Zusammenarbeit. Im Team und zwischen Teams, Abteilungen, sogar über die Hierarchie hinweg.

Wenn es richtig gut läuft, kommt heraus: Ja, wir können etwas bewirken. Wir haben etwas verändert, das der Gesundheit dient. Interesse?