Zuversicht

Viren verbreiten sich. Angst ist ansteckend. Aggression auch. Sogar Apathie und Ahnungslosigkeit neigen dazu, sich zu vermehren.

Ist das die Realität? Nicht die ganze: Auch Zuversicht kann abfärben und zum Ziel ziehen. Genau das möchte ich fördern: Umsicht und Zuversicht.

Was wird das jetzt? Die übliche Wohlfühlfloskel?

Nein. Erstens weil ich weiß, dass Positives Denken krank machen kann. Zweitens kenne ich die Effekte von Floskeln: Vertrauensverlust, Ärger, Kontaktabbruch. Und drittens, weil auch ich kein Auto ohne Bremse will: Natürlich ist es wichtig, auf Risiken zu schauen und passende Vorbereitungen zu treffen. Doch was mich nervt, ist die laute und plakative Fokussierung darauf, dass irgendwer wieder etwas falsch gemacht hat und dass es außer Katastrophen nichts mehr gibt.

Warum dominieren Angst und Aufregung?

Weil sie gut verkäuflich sind. Angst bringt Klicks, Auflage, Zuschauer. Aufregung (über andere) bringt Wählerstimmen. Ein bekannter Politiker verkündete: Du wirst erfolgreich, wenn du etwas sagst, was den Leuten Angst macht oder was sie aufregt. Leider hat er es uns beweisen können – und Schule gemacht.

Weil sie schnell wirken: Aus Angst vor Knappheit horten die Deutschen nun Massen an Hygienepapier.

Die Macht der schlimmen Worte und Bilder

Zugegeben, einfach ist die Übung mit der Zuversicht nicht. Angesichts der vielen Untergangs- und Kriegsvokabeln und angesichts ständig wiederholter Bilder, die sich nicht mehr aus dem Gedächtnis löschen lassen.

Geht es anders? Na klar:

Auch Zuversicht lässt sich fördern.

Refisch Zuversicht fördern

Den Sog der Sorgen stoppen

Sorgen helfen nicht. Sie fesseln. Beide Seiten: Wer sich sorgt, denkt an nichts anderes mehr. Wer weiß: „Da lebt jemand in großer Sorge!“ ist auch nicht mehr frei. Das kennen wir: „PASS AUF! Lass das bloß nicht fallen!“ bewirkt oft was? Zum Glück können wir etwas unternehmen: Hier gibt es einen Ansatz, Sorgen auf den Prüfstand zu stellen.

Schönfärberei?

Ich habe die Beobachtung gemacht, dass auf die Schilderung eines Erfolges, einer schönen Geschichte, eines positiven Beispiels sehr oft die Antwort „Ja, aber…“ mit Betonung eines üblen Beispiels folgte. Seither arbeite ich daran, dies auch umgekehrt zu praktizieren. Ich warte auf den Moment, wo des Klagens genug ist und suche dann die andere Seite der Medaille. Die entsprechende Technik können sie hier nachlesen, geeignet für den Fall, dass (Arbeits-)Gruppen sich im Schimpfen und Jammern festgedreht haben.

„Aha, da kommt der Zwangs-Optimist!“

So begrüßte mich ein Teilnehmer. Ich habe gelacht. Auch heute ist mir nicht klar, ob er damit meinte, ich sei ein typisches Beispiel für „Wes‘ Brot ich ess, des‘ Lied ich sing.“ Doch das ficht mich nicht an, will ich doch mit meinen Kunden hilfreiche Optionen entwickeln.

„Meditation hilft hier nicht!“

Falsch. Es ist erwiesen, dass Meditation, beispielsweise MBSR Mindfull Based Stress Reduction (etwas inflationär gehandelt inzwischen unter „Achtsamkeit“), sehr wohl unser Immunsystem stärken und Widerstandskraft erhöhen können. Ganz abgesehen davon, dass ich niemanden mit Corona anstecken kann, wenn ich allein in meinem Zimmer das bewusste Atmen praktiziere.

Zuversicht zieht zum Ziel, Mut macht Mut

Sehen wir uns an, was die Forschung über Resilienz, Hirnaktivitäten, Achtsamkeit und Selbstwirksamkeit weiß:  Hier stimmen wissenschaftliche Ergebnisse und Praxis-Erfahrungen oft überein. Schauen wir nach bei Seligman, Hüther, Kabat-Zinn, Sandberg. Wir finden Beispiele und Ähnlichkeiten. Aus alltäglichen und aus dramatischen Begebenheiten:

Krank macht uns, wenn wir davon überzeugt sind, nichts tun zu können. Wenn wir nicht verstehen, was vorgeht. Und wenn wir dann noch davon ausgehen, dass unser Problem, und sei es nur Zahnweh, das gesamte Leben betrifft und ruinieren wird. So ticken wir.

Refisch Zuversicht fördernUmsicht und Zuversicht

Vielleicht ist dies ein Ansatz: Ruhe bewahren. Verstehen, was geschieht. Erklären, aufklären. Dann gemeinsam nach gangbaren Wegen, nach neuen Optionen suchen.

Die Überlebens-Chance bei Schiffbrüchigen stieg, wenn jemand an Rettung glaubte. Expeditionsteilnehmer machen keinen gefährlichen Unsinn, wenn alle an das gemeinsame Ziel glauben.

Gerade dann, wenn Zweifel herrschen und Prognosen düster werden: Hilfreich ist, wenn jemand das Wort ergreift und ausspricht: „Ich bin überzeugt davon, dass es gelingen kann.“

Führung führt vor

Keine Überraschung: „Chef, glaubst du selbst daran?“ ist die entscheidende Frage. Egal, wann sie gestellt wird. Ob in einem schmerzhaften Prozess der Restrukturierung, wenn es um notwendig gewordene Trennungen geht. Bei der Bewältigung einer Krise. Oder bei der Einführung eines neuen Angebots. Wer hier mit Zweifeln – oder noch schlimmer schulterzuckend auf „die da oben“ verweist, verdirbt alles. Wer aber davon überzeugt ist, dass der Weg gangbar und erfolgversprechend ist, wer Zuversicht, Zutrauen und Zupacken lebt, zieht mit.

Klartext ist nötig

Im Ernstfall müssen wir die Dinge beim Namen nennen, das Tragische sehen und das Schlimme in Worte fassen. Klar und eindeutig. Führungskräfte müssen über Trennung sprechen können, Ärzte über das Sterben. Oder auch nur mal still zuhören, ohne gleich mit Empfehlungen aufzuwarten. Ganz schön schwer bei schweren Themen. Auch hier können wir Gutes bewirken: „Ich bin da.“

Wie weiter?

Unlängst sagte ein junger Mann zu mir: „Irgendwas ist immer!“ Da dachte ich: „Ja. Und irgendwas ist auch immer danach.“

Es gibt das Jetzt und es kommt ein Danach. Auf beides haben wir Einfluss. Lasst uns daran arbeiten, suchen wir das Bestmögliche:

Züchten wir Zuversicht für die Zukunft!